Drei kamen durch, Welstour an den Cinca bei Mequinenza
Von Dietmar Brock
Am 7.4.2006 war es endlich soweit. Wir, Jarek, Mike und ich trafen uns mittags zur Abfahrt nach Mequinenza in Spanien. Vor uns lag eine 19-stündige Autofahrt mit einem leicht überladenen Daimler, den Mike sich kurzerhand bei seinem Vater ausgeliehen hatte.
Am frühen Samstagmorgen, noch im Dunkeln, trafen wir in Mequinenza ein und schliefen erstmal eine Runde im Auto, schließlich sollte es noch ein paar Stunden dauern, bis zur Schlüsselübergabe und Erhalt der Angellizenzen. Wir hatten eine Blockhütte auf dem Campingplatz Bella Vista des Bavarian Guiding Service gemietet.
Nachdem wir alle Sachen in unserer Hütte verstaut hatten, beschlossen wir, gleich unseren ersten Trip zu unternehmen. Wir suchten also die hiesigen Angelläden auf und versuchten an Informationen zu gelangen. Dies verlief leider nicht gerade erfolgreich. Wir fragten nach Wehren, Rauschen und nach guten Stellen. Man war nicht mal bereit, uns die ungefähre Lage auf einer Karte zu zeigen. Es wäre angeblich unmöglich diese zu finden und man bräuchte einen Geländewagen um diese zu erreichen. Wir sollten uns einen Guide mieten, der uns dann einiges zeigen würde. Tja, Angeln ist hier reines Geschäft. Da wir nicht faul waren und auch mal einige Kilometer gelaufen sind, haben wir viele fängige Stellen selber gefunden oder haben wertvolle Tipps von anderen Campbewohnern und Anglern bekommen.
Wir hatten Lizenzen für den Rio Segre, der in den Embalse de Riba-Roja mündet, den Rio Cinca, der in den Rio Segre mündet und für die beiden Stauseen von Mequinenza bestellt. Diese sind der Embalse de Riba-Roja (unterer Stausee) und der Embalse de Mequinenza (oberer Stausee). Dabei ist der Standort der Staumauer der Namensgeber des jeweiligen Stausees. Die Stauseen hatten wir als Ausweichgewässer im Falle eines Hochwassers eingeplant. Der Rio Segre führte hohes sehr kaltes Wasser, da ein an einem Zufluss gelegener Stausee wegen der Schneeschmelze abgelassen wurde. Der Rio Segre ist überdies sehr verwachsen und nur an wenigen Stellen von Land aus zu befischen.
So beschlossen wir, bis auf einen kurzen Abstecher an den Rio Segre, unser Glück am Rio Cinca zu versuchen. Überall ist man von Obstplantagen und Bergen umgeben.
Der erste Tag verlief ohne Ergebnis. Wir hatten noch kein Gefühl für das Gewässer. Der nächste Tag sollte aber die ersten Fische bringen. Meinen beiden Mitstreitern hatten es die Rauschen und Wehre angetan, ich hatte eher die tiefen und ruhigen Pools, Züge und Rinnen im Visier.
Diese Wahl brachte dann auch die ersten Fische. In einem ruhigen Pool oberhalb einer Stromschnelle bissen zwei Welse von 1,20 m und 1,30 m auf einen tropfenförmigen silbernen gedoppelten Blinker mit etwa 75 Gramm. Ein Wels von ca. 1,80 m ging nach kurzem Drill verloren. Anschließend gab es noch vier Attacken an der Oberfläche auf den Blinker, diese blieben jedoch ohne Kontakt. Mike konnte derweil drei kleine Welse bis 1 m unterhalb einer flussauf gelegenen Rausche verhaften. Der Bann war gebrochen und ich hatte an einem Tag mehr Welse gefangen und gesehen als in drei Jahren Welsangeln am Niederrhein. Im den nächsten Tagen konnte ich noch einige Nachläufer auf Blinker verzeichnen. Einige Einheimische sprachen von einem negativen Einfluss des Blinkermetalls. Die vielen Nachläufer sprachen dafür. So kamen nach drei Tagen die reichlich vorhandenen Gummis zum Einsatz und die Blinker wurden aus den Dosen verbannt.
Der Rio Cinca zwischen Fraga und Mequinenza bot viele fängige Stellen. Die ersten Tage fischten wir vom Ufer aus, fuhren viel herum und lernten so das Gewässer etwas kennen. Danach griffen wir zu unseren Wathosen. Diese hatten wir glücklicherweise eingepackt bzw. konnte Mike in einem Laden kaufen. Damit erschlossen sich uns viele tolle Angelstellen, die vom Ufer aus nicht zu beangeln waren. Wir konnten deutlich mehr Bisse und Fische an diesen Stellen zählen, die offensichtlich nur selten befischt wurden. Also beim nächsten Cinca oder Segre Trip unbedingt an Wathosen denken. Übrigens erkennt man oft befischte Stellen am reichlich zurückgelassenen Müll, was allerdings nicht so schön ist. Das Umweltbewusstsein ist hier nicht stark ausgeprägt.
Der Cinca ist meistens zwischen 1-2 m tief und an vielen Stellen gut zu bewaten. So kann man z.B. in dem etwa 1 m tiefen Wasser an Schilfkanten entlang waten und das gegenüberliegende Ufer befischen. Der Rand ist dabei schlammig, der übrige Boden jedoch meist feinkiesig und fest.
Den ersten Tagen folgte ein kurzer Kälteeinbruch der den Welsen anscheinend auf den Appetit schlug. Zum Glück dauerte dieser nur zwei Tage lang und die Fische fingen wieder an zu beißen. Die Temperaturen tagsüber betrugen zwischen 18 °C und kletterten bis auf 28 °C bei strahlendem Sonnenschein. Der Rio Cinca führte zu dieser Zeit einen um etwa 30-40 cm erhöhten Wasserstand. Dieser wurde durch Regenfälle in den Pyrenäen bedingt. Während unseres Aufenthalts stieg dieser noch leicht an. Anscheinend begann die Schneeschmelze in den Bergen. Der Fluss blieb jedoch jederzeit befischbar. Die reichlich vorhandenen im Wasser treibenden Fadenalgen waren allerdings ein echtes Ärgernis. Nach fast jedem Wurf musste man diese vom Haken entfernen. Hatte der Haken einige dieser Algen eingefangen, so gab es keinen Biss.
Mit der Zeit wurde das Gefühl für den Fluss immer besser und die Größe der Fische nahm zu. Es stellte sich heraus, das ruhige tiefe Züge und Rinnen, Schilfkanten mit gleichmäßiger Strömung, auch wenn diese nur ein paar Meter lang waren, Strömungskanten an Uferausspülungen, Krautkanten und die Bereiche vor Krautbetten fängige Stellen waren. Meistens kam der Biss innerhalb von drei Würfen. Die Würfe mussten allerdings genau sein, am besten nur einen halben Meter von der Kante entfernt.
Wir fingen alle sehr schöne Fische. Auffällig war, dass einige Fische Verletzungen im Maulbereich hatten, also schon mal am Haken gehangen haben.
Wir haben mit Ruten mit Wurfgewichten von 150 Gr. bis 300 Gr. gefischt. Die eingesetzten Schnüre wiesen Tragkräfte von 30 - 50 kg auf und hielten auch in der Regel. Das Gerät war aber nicht immer die Garantie für den Erfolg. Wir hatten viele Fehlbisse und die Welsbisse erinnerten uns eher an vorsichtige Zanderbisse. Ich verlor einen sehr großen Fisch nach etwa 12 Minuten Drill in ca. 2 m tiefem Wasser. Der Wels biss unterhalb einer Stromschnelle beim Stromauffischen. Ich spürte den Biss und glaubte an einen Fehlbiss. Der Fisch war aber schon sofort nach dem Biss flussab durchgestartet. So merkte ich ihn erst an der Schnur, als er schon etwa 20 m unterhalb von mir war. Er machte etliche Fluchten von 30 - 40 m flussauf, flussab und zur anderen Flussseite. Er war einfach nicht vom Grund hochzubekommen. Irgendwo fand er unterwegs jedoch einen Stein oder einen Ast am Grund, an dem er die Hauptschnur beschädigte. Beim ersten Landeversuch riss dann die Hauptschnur. Trotz 1,5 m langem Vorfach war die Hauptschnur noch etwa 1 m oberhalb der Bruchstelle aufgeraut. Am nächsten Tag wiederholte sich dieses Geschichte ähnlich an einer anderen Stromschnelle. Der Fisch biss beim Stromauffischen und stürmte sofort flussab. Er erwischte mich auf dem falschen Fuß und erreichte einen im Wasser liegenden Baum. Ich hatte keine Chance ihn auf seinem Weg zu stoppen oder ihn in eine andere Richtung zu lenken. Kurze Zeit später war die Hauptschnur durchgescheuert.
Jarek erging es nicht viel besser. Er verlor zwei Fische in der 2-m-Klasse im Drill durch Ausschlitzen des Hakens an einem Tag. An diesem Abend ging es ihm nicht gut. Jareks erster 2-m-Fisch am darauf folgenden Tag verlangte ihm dann alles ab. Er hakte ihn am Schwanzende und so gestaltete sich der Drill etwas schwierig und lang anhaltend. Viele unserer Fische hingen nur knapp im Maulwinkel am Haken und manchmal blieb nur ein Stück Hautfetzen am Haken zurück.
Wir fischten in der Regel etwa ab 13 Uhr. Es biss zwar manchmal ein Fisch, die eigentliche Beißzeit begann jedoch erst ab etwa 16 - 17 Uhr. Und dann sah es manchmal so aus.
Einige Drills wurden auf Biegen und Brechen geführt….
und endeten meistens mit einem glücklichen Fänger.
Wir hatten auch nachts im Dunkeln viele Bisse, am besten liefen schwarze Attractoren. Leider konnten wir nur wenige dieser Bisse verwandeln und so war die Fehlbissquote nachts besonders hoch
Nach dem Angeln saß man dann im Restaurant des Campingplatzes Bella Vista, das beste Haus am Platz, bis früh morgens geöffnet, mit den anderen Verrückten beim Essen zusammen. Dort erfuhr man dann z.B., warum viele Angler nur 13 Stunden für die Fahrt benötigen. In Frankreich gibt es ein Tempolimit und viele stationäre Blitzanlagen, jedoch bis 2008 kein Amtshilfeabkommen mit Deutschland. So bleiben die Tempolimitüberschreitungen ohne Folgen, solange man nicht von einer Streife angehalten wird. So wurden einige Kollegen bei einer Fahrt bis zu 5x geblitzt.
Allgemein wurden die Fänge nur als mäßig bezeichnet und viele Angler waren nicht zufrieden. Dies betraf aber nur die Pellet- und Köderfischangler im Stau. In den Flüssen ist übrigens das Angeln mit Köderfisch verboten. Wir fingen in zwei Wochen an einem uns unbekannten Gewässer insgesamt 42 Fische, davon 7 Fische über 2 m, der größte maß 2,15 m, mit Stückgewichten von 50 – 60 kg und hatten viele Fehlbisse und etliche Hakenausschlitzer.
Ich war mit tropfenförmigen Blinkern von 75 - 100 gr. erfolgreich. Wesentlich besser liefen allerdings Gummiköder. Die Favoriten waren Profi Blinker Attractoren in Gr. I in den Farben perlgrün-orange (29), perl-braun (10) und nachts in schwarz (15). Ebenfalls sehr erfolgreich waren 16er Kopytos in perl-blauschimmer-glitter-grün. Es fingen auch 15er Gummifische in perlgrün, perlweis-grün, perlweiß-braun und rosa. Darüber hinaus fingen auch Mann’s Kipper Shads in 18 cm in Hot Yellow (rot/gelb). Meinen größten Fisch von 2,09 m bescherte mir eine 23iger weiße Sandra. Diese und in perlweiß mit rotem Kopf sah man häufig bei anderen Anglern am unteren Rio Segre. Die absoluten Verlierer waren die Fluofarben. Trotz intensiven Gebrauchs konnte keiner von uns auch nur einen Biss mit ihnen verzeichnen. Als Bleiköpfe kamen Haken in Größe 10/0 mit Gewichten von 18 gr. bis 38 gr. zum Einsatz. Shads mit hoher Schwanzwackelfrequenz fingen besser als solche mit langsamen Bewegungen.
Durch die verwendeten starken Schnüre mit Tragkräften von 30 – 50 kg hielten sich die Verluste durch Hänger in Grenzen. Im Schnitt verlor man 1-2 Köder pro Tag durch Abriss. Oft bogen sich die Haken bei starkem Zug auf. Dazu benötigte man das zweit-wichtigste Ausrüstungsteil, einen Hammerstiel. Das wichtigste Ausrüstungsteil war übrigens der Lederhandschuh für den Wallergriff bei der Landung. Es zeigte sich, dass die original Profi Blinker Haken etwas mehr aushielten als die selbst gegossenen Bleiköpfe mit Haken von VMC in Größe 10/0. Man konnte einen nach einem Hänger aufgebogenen Haken wieder zurück biegen. Zwei Haken brachen mir allerdings nach einem Hänger im Hakenbogen ab. Ich hatte diese nach Hängern mehrfach wieder zurück gebogen. Die meisten Shads verlor man beim Drill durch Ausreißen des Hakens, durch Abreißen des Schwanzes oder des ganzes Shads bei einem Fehlbiss oder die Shads wurden durch die Zahnleisten der Welse beim Drill übel zugerichtet. Manchmal ließ sich mit einem Feuerzeug noch etwas reparieren.
Es gab nicht nur Verluste bei den Ködern. Wenn man die Spule einer Stationärrolle von der Achse entfernt, so entdeckt man in fast allen Fällen eine Kunststoffscheibe. Diese dient als axiales Gleitlager zwischen Achse und Spule. Nach einem oder zwei Drills eines 2-m-Fisches hatten sich diese verformt oder aufgelöst. Für solche Belastungen scheinen sie nicht konstruiert zu sein. Die Folge ist dann eine Tieflage der Spule und ein sich ergebendes unsauberes Wickelbild. Nach dem Verlust eines 2-m-Fisches sah meine Rolle so aus:
Der Arm des Bügels hatte sich nach oben gebogen. Eigentlich müsste er so aussehen:
Auch eine meiner Ruten kam nicht ungeschoren davon. Nach dem Drill eines 1,84-m-Fisches sah der Spitzenring nicht mehr gut aus.
Ich will auch nicht verschweigen, dass es Mücken und viele Zecken gibt. Ich fand fast jeden Tag mehrere dieser Blutsauger auf meiner Wathose wenn ich ein Gestrüpp durchquerte. Sie werden anscheinend durch die vielen Wildschweine verbreitet. Gebissen wurde ich anscheinend nicht.
Bei einer unserer Touren fanden wir auch diesen Giganten. Er maß 2,21 m und roch gar nicht gut. Schade.
Nach zwei Wochen in Spanien kenne ich nun nahezu alle möglichen Bedeutungen des Spruchs „Das kommt mir spanisch vor“ und die Bereiche und Situationen, in denen man ihn anwenden kann. Was soll’s, ich komme wieder und werde mein Glück auf die Barteltragenden versuchen. Das Schönste war jedoch, Zuhause nach 2 Wochen endlich mal wieder warm zu duschen.
Petri Heil!
Meine persönliche Fangstatistik sieht folgendermaßen aus:
Samstag |
Kein Kontakt |
Sonntag |
1,2 m und 1,3 m auf Blinker |
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Ca. 1,8 m auf Blinker im Drill verloren |
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Zwei Attacken an der Oberfläche im Hellen |
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Zwei Attacken an der Oberfläche im Dunklen |
Montag |
Kein Kontakt |
Dienstag |
6 Bisse/Attacken auf Blinker |
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3 filmreife Attacken von einem Wels im dunklen in ca. 40 cm tiefem Wasser |
Mittwoch |
4 Fische von 1 – 1,2 m auf Mann’s Kipper Shad 18 cm in Hot Yellow |
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2 Bisse |
Donnerstag |
1 Nachläufer und zwei Bisse auf Heimo Blinker |
Freitag |
Die Blinker werden aus der Dose verbannt |
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0,9 m, 1,2 m, 1,98 m und vier Bisse auf 16er Kopyto |
Samstag |
0,5 m und 0,55 m hintereinander mit 2 Würfen, der Schniepelpokal ist meiner! |
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1,64 m im dunkeln, 2 Bisse, 1 Fisch im dunkeln verloren, alles auf 16er Kopyto |
Sonntag |
1,84 m auf Profi Blinker Attractor in perlgrün mit orangefarbenem Schwanz |
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Ein großer Fisch nach 11 Minuten Drill verloren, Schnur durchgescheuert an einem Stein oder Ast im Wasser |
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5 Bisse |
Montag |
1 Fisch in einem Baum verloren |
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2 Bisse |
Dienstag |
1,97 m und 1,34 m auf Attractor |
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1 Meterfisch im Drill verloren |
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Vier Bisse |
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Ein Monster in der Nacht gehakt und verloren. Der Fisch ließ sich maximal etwa 1 m bewegen und zog dann wieder an seinen Standplatz. Nach ca. 2 Minuten schlitzte der Haken aus. |
Mittwoch |
Kein Kontakt |
Donnerstag |
Ein Biss und 2,09 m auf weiße 23iger Sandra |